Das Kaufhaus am Brühl

Am 03. Oktober 1908 wurde am Brühl 1 das "Kaufhaus Brühl"

(Firma Messow & Waldschmidt) eröffnet.


Es war mit seinen 8000 m² und mehr als 250 Mitarbeitenden eines der größten Kaufhäuser Mitteldeutschlands.

  • 1907: Der Architekt Emil Franz Hänsel kauft das Grundstück und lässt die darauf stehenden Gebäude abreißen. Als Architekt und Bauherr errichtet er für die jüdische Warenhauskette Messow & Waldschmidt ein Kaufhaus mit sieben Etagen.


  • 1908: Am 3. Oktober 1908 wird das Kaufhaus am Brühl eröffnet (Warenhauskette Messow & Waldschmidt der Schweizer Inhaber Paul Messow und Victor Waldschmidt). Geschäftsführer: Heinrich Hirschfeld und Walter Riess.


  • Auf 8.000 Quadratmetern Verkaufsfläche gab es diverse Spezialabteilungen. "Bereits damals waren mehr als 250 Mitarbeitern fest angestellt, die in zahlreichen Spezialabteilungen bedienten. Damit zählte das Kaufhaus Brühl zu den größten und modernsten Kaufhäusern im mitteldeutschen Raum“ (Ursula Brekle: Zur Geschichte der Blechbüchse in Leipzig).


  • 1912: „Nachdem Paul Messow im Jahr 1909 verstorben war, wurde Walter Riess, der 1910 Messows Tochter Gertrud geheiratet hatte, alleiniger Direktor und der zuvor im Stammhaus Dresden tätige Otto Mühlstein sowie Salomon Sigismund Hirschfeld wurden zu Geschäftsführern bestellt" (Wikipedia: Blechbüchse [Leipzig]).


  • 1914: Erweiterung des Kaufhauses: „1914 wurde das Kaufhaus erweitert, indem das Haus Brühl 3 dazu kam. Auf diesem Grund befand sich bis 1886 (Abbruch) der Vorgängerbau, ein sehr alter Gasthof, Roter und weißer Löwe. In diesem Gebäude wurde am 22. Mai 1813 der wohl berühmteste Sohn der Stadt Leipzig, der Komponist Richard Wagner, geboren. Deshalb erhielt das Haus den Zunamen ,Wagnerhaus‘“ (Ursula Brekle: Höfe am Brühl, Leipzig-Lese). Die Umbaumaßnahmen wurden durch den ersten Weltkrieg verzögert.


  • 1927: Vergrößerung der Verkaufsfläche auf 20.000 Quadratmeter, Einbau der ersten Rolltreppe in Leipzig. Es gab nun auch eine Poststelle, einen Friseursalon und ein Restaurant mit 700 Sitzplätzen.


  • 1928: fast 20 000 Quadratmeter Verkaufsfläche und 600 festangestellte Mitarbeiter:innen


  • April 1933: Erste Plakate mit der Aufforderung, nicht bei Juden zu einzukaufen


  • 1934:  "[...] in Folge der Arisierung der Nationalsozialisten [wurde] zunächst die Kaufhaus-GmbH mit Beschlagnahmung des Vermögens aufgelöst" (Stadtgeschichtliches Museum Leipzig)


  • September 1936: Arisierung, Entlassung des Geschäftsführers Siegfried Jacob; endgültiger Besitzerwechsel zu Rudolf Knoop und Umbenennung des Unternehmens in Rudolf Knoop & Co. GmbH


  • 1943: Am 4. Dezember 1943 wurde das Kaufhaus durch Phosphorbomben stark beschädigt und musste geschlossen werden.


  • 1946: Enteignung und Übertragung auf die Konsumgenossenschaft Leipzig. Es erfolgt eine notdürftige Reparatur.


  • 1951: Als „Kaufhaus des Friedens“ wiedereröffnet (Konsum-Kaufhaus)


  • 1966: Wiederaufbau des Hauses sowie die Anbringung einer geschwungenen fensterlosen Aluminium-Fassade, konzipiert durch den Künstler und Metallgestalter Harry Müller. Am südlichen Eingang wurde eine Gedenktafel angebracht, die auf das Geburtshaus Richard Wagners hinweist. Der Blechfassade verdankt das Kaufhaus nun auch seinen Spitznamen "Blechbüchse", der sich bis heute gehalten hat.


  • 1968: Eröffnung als „Konsument am Brühl“ (größtes Warenhaus der DDR) 


  • 2006:  Die Stadtverwaltung ordnet im Bebauungsplan die Aluminiumverkleidung als „architektonisch wertvoll“ ein: „das unter Denkmalschutz stehende Gebäude wird bis auf die mit Metall verkleidete Fassade beseitigt und danach neu errichtet.“


  • 2007: Mit der Entscheidung einer Jury vom 1. November 2007 stand fest, dass nach Abriss von Wohnhochhäusern am Brühl ein Einkaufszentrum, die sog. „Höfe am Brühl“ ensteht. Im Architektenwettbewerb wurde der Erhalt der Aluminiumfassade des Leipziger Künstlers Harry Müller festgehalten.


  • 2008: Der Investor mfi stellt einen Antrag auf Abbruch der historischen Fassade. Das damalige Regierungspräsidium Leipzig entsprach dem Antrag weitgehend und erteilte die Genehmigung zum Abbruch bis auf einen ca. 15 m langen Abschnitt. Die Denkmalpflege der Stadt Leipzig hatte alle Möglichkeiten zur Erhaltung des Denkmals ausgeschöpft.


  • 2010: Im Juli: Abriss Kaufhaus Brühl durch den Investor mfi
    (1943-2010 wörtlich übernommen von: Bürgerinitiative Kaufhaus Brühl:
    Historie des Kaufhaus Brühl)


  • heute (seit 2012): Shoppingcenter „Höfe am Brühl“ (Brühl 1-39). Ein Fassadenrest ist in einem versteckten Treppenhaus des Einkaufszentrums „Höfe am Brühl“ zugänglich, jedoch kaum sichtbar. Es gibt keine ernstzunehmende historische Aufarbeitung. Der Zeitstrahl im Treppenhaus erwähnt weder die jüdischen Eigentümer noch die Arisierung.

Foto: Negativ von Hermann Walter, 1908, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig